Spanisches Erbschafts- und Nachfolgerecht: Europäische Verordnung 650/2012, Testamente und Erbschaften ausländischer Bürger in Spanien

FRAGE:

Sehr geehrte Anwälte,
Mein Steuerberater hat mich informiert, dass aufgrund einer gesetzlichen Änderung, die Testamente ausländischer Bürger in Spanien in Kürze nicht mehr gültig sind, es sei denn, es wird ein Kodizill beigefügt. Ist dies nach Spanischem Erbschaftsrecht möglich?

Sehr geehrter Leser

Nein, die Aussage, dass die in Spanien von ausländischen Staatsbürgern (Deutsche, Österreicher, Schweizer, usw.) abgefassten Testamente ihre Gültigkeit verlieren, ist nicht richtig.

Nach der im letzten Jahr genehmigten, europäischen Verordnung 650/2012, die u.a. auch von Spanien ratifiziert worden ist, muss das in dem Land geltende Gesetz angewendet werden, in dem der Erblasser zum Zeitpunkt des Todes seinen gewöhnlichen Wohnsitz hat. Der Erblasser kann sich aber auch, gemäss Artikel 22, ausdrücklich für das geltende Recht seiner Staatsangehörigkeit entscheiden. Diese Verordnung gilt für die Nachfolgeregelung aller Sterbefälle ab dem17 August 2015.

Somit unterliegt Ihre Nachfolge ab dem 17.08.2015 als zBsp. deutscher Staatsbürger, der in Spanien lebt, dem Spanischen Erbschafts- und Nachfolgerecht. Es sein denn, Sie haben sich in Ihrem Testament für die Anwendung Ihrer diesbezüglichen nationalen Rechtsvorschriften entschieden. Dies ist wichtig, da nach spanischem Recht der für die Zwangserben (Nachkommen) bestimmte Pflichtteil mindestens 2/3 der Erbschaft ausmacht.

Infolgedessen, würde Ihren Nachkommen (Kindern) dieser 2/3 Pflichtteil der spanischen Erbschaft zustehen.

Daher stimmt es nicht, dass die von Ausländern erstellten Spanischen Testamente ungültig werden. Es geht ausschliesslich darum, dass die Bestimmungen des Erblassers nur erfüllt werden können, wenn sie mit dem anwendbaren Recht in Einklang stehen. Sie müssen sich vergewissern, dass die für Ihr Testament ausgewählte Gesetzgebung Ihre Verfügungen auch erlaubt.

In einigen Fällen ist die auf Ihre Erbfolge anzuwendende Gesetzgebung nicht relevant. Haben Sie weder Nachkommen, noch Eltern und hinterlassen Ihrem Ehepartner den gesammten Besitz, ist die Wahl zwischem dem Spanischen und zBsp. Deutschen Recht nicht massgebend. Dies ist unter beiden Gesetzgebungen ohne weiteres möglich und Ihr Testament müsste demzufolge nicht geändert werden.

Sollten Ihre Verfügungen unter Spanischem Recht nicht erlaubt sein, müssen Sie sich vergewissern, dass auf Ihrem Testament ausdrücklich Ihr Nationales Recht zur Anwendung kommt. Andernfalls empfehlen wir Ihnen ein Neues zu erstellen, anstatt ein Kodizill zu unterzeichnen. Die Kosten hierfür sind ungefähr gleich, aber in einem einzigen Dokument ist alles besser und deutlicher beinhaltet.

Sind Sie nicht sicher, welcher Gesetzgebung Ihre Erbfolge in Spanien unterliegt, oder welche für Sie vorteilhafter ist, dann müssen Sie Ihr Testament nachprüfen. Hierbei können wir Ihnen behilflich sein.

Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar. Er übermittelt lediglich allgemeine Information zu Rechtsfragen.

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